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EigenArt 2015 - Ein Gesamtkunstwerk
im Kunstraum St. Sebastianus
Eine Kirche, besonders deren Innenraum, ist in aller Regel ein Gesamtkunstwerk. Allerdings eines, das auf einem stark durchstrukturierten Konzept beruht. Wenn freie Kunst – gleich welcher Art – zusätzlich darin gezeigt werden soll, muss diese das Potenzial haben, sich nicht nur selbst behaupten zu können, sondern vor allem in einer Art Dialog mit diesem Raum das vorgegebene Gesamtkunstwerk auf einer anderen Ebene zeitweilig zu erweitern ohne es zu zerstören.
Dass und wie dieser Anspruch erfüllt werden
kann, zeigte erneut die im August dieses Jahres
in Königsdorfs alter Pfarrkirche St.Sebastianus
im Rahmen der KunstTage Rhein-Erft zum zweiten
Mal präsentierte Kunstausstellung EigenArt. Der
Eindruck, dass hier ein temporär neues
Raumkonzept gelungen war, vermittelte sich
sofort beim Betreten der Kirche. Die
großformatige Installation „Abstrakt gelb“ von
Georg Gartz empfing die Besucher direkt am
Kircheneingang mit sattgelben Stoffbahnen und
lenkte gleichzeitig den Blick weiter zum weißen
„Blütenregen“, den Angelika Wittek unmittelbar
vor dem Altar herabrieseln ließ. Dass Gartz und
Wittek mit ihren Werken in den Farben Gelb
(Gartz) und Weiß (Wittek) dabei zugleich die
Kirchen- und Vatikanfarben Gelb-Weiß zitierten,
ergab sich ohne diesbezügliche Absicht und
sorgte für mancherlei Spekulationen über das
Prinzip Zufall.
Georg Gartz – Abstrakt Gelb
Renate Fischer – Stones und Gespinste
Die Werke entstehen vornehmlich
aus Draht und mehr oder minder pigmentierter
Papierfasermasse. Fischer taucht die von ihr
zunächst geformten Drahtgebilde in die
Papiermasse ein, wobei Teile der Masse sich
dabei an einzelnen Stellen anlagern und dann an
der Luft getrocknet werden. Dieser Vorgang wird
mehrfach wiederholt, so dass sich in den
Zwischenräumen der Drahtkörper von Mal zu Mal
mehr eigentümliche Papiermembranen bilden. Die
so entstehenden Gespinste und plastischen
Objekte überraschen mit reizvollen
Musterbildungen und Oberflächeneffekten, deren
Faszination im Spiel von Licht und Schatten, von
Farben und Formen, von Innen und Außen liegt und
je nach Tageszeit und Lichtsituation neue
Variationen generiert. Das galt auch für die
beiden andersartigen Arbeiten, die seitlich des
Hauptschiffes zwischen den Säulen zu sehen waren
– das langstielige Papierlaub des
"Blätterwaldes" und die auf dünnen Stäben wie im
Wasser schwankenden, archaischen Bootsformen mit
dem Titel "Ankunft".
Anja Schreiber - Hände
Einen gänzlich anderen Weg künstlerischen Ausdrucks geht Anja Schreiber. Die in Pulheim lebende Künstlerin arbeitet vorrangig mit Collagen, Videos und Installationen. Dabei setzt sie diese Techniken oft mit der Absicht surrealistische Anmutung ein. Oft lässt sie fremde Elemente zusammenprallen, damit sich neue Zusammenhänge ergeben mögen. Dabei strebt Schreiber mit dem bildgebenden Werkzeug Video nicht die Produktion von Bildern an, die irgendeine „Botschaft“ transportieren. Vielmehr möchte sie „die größtmögliche Offenheit der Bildlesung“ erreichen. Ob es dabei vielleicht nicht doch um gezielte Manipulation von Bildinhalten gehen könne, lässt sie offen. Wie eine solche Aufforderung zur Bildlesung aussehen kann, demonstrierte sie mit ihrer Licht-Ton-Installation im nördlichen Seitenschiff. Dort hatte sie aus fünf Bildschirmen, Videoplayern und mehreren dazu in Bezug gesetzten Objekten einen ganz eigenen Raum mit heterogenen Bildwelten geschaffen, der sich dem Thema „Hände“ widmete. Dieses beschäftigt die Künstlerin nicht erst seit dem Buch "Die Hand - Geniestreich der Evolution" und der darin vertretenen These, dass die Beschaffenheit der Hand erst das Denken und die künstlerischen Konstrukte des Menschen ermöglicht habe. Welche vielfältigen emotionalen Ausdrucksmöglichkeiten Hände besitzen, etwa die rituellen Haltungen beim Beten, Flehen und Segnen oder auch bei vielen Tänzen, demonstrierten ihre zeitversetzt laufenden Videosequenzen. Doch – dem Motto der „Bildlesung“ getreu – klare Interpretationen wurden verweigert, möglichen Deutungen und Narrativen dagegen freier Lauf gelassen.
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