|
|
|
|||||||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Amos Oz:
Allein das Meer
|
|
Wechselnde Beziehungen und Perspektiven
Amos Oz: Allein das Meer
Von Christa Tamara Kaul - 2002
Mit diesem Buch möchte ich in der Erinnerung der Menschen bleiben. So der Wunsch von Amos Oz. In der Tat hat er einen außergewöhnlichen, einen starker Roman geschrieben - wenn es denn überhaupt einer im klassischen Sinn ist. Dieser Grenzgänger zwischen Poesie und Prosa sticht vor allem durch zwei Elemente hervor. Zum einen ist es der Sprachstil, der tanzend leicht zwischen alltäglichem Erzählduktus und antik-epischen Versrhythmus hin und her schwingt, mit Passagen, die zuweilen an die aus dem Hintergrund verkündeten Schicksalsansagen altgriechischer Tragödienchöre erinnern. Und zum anderen ist es jene aus umfassender Erfahrung gespeiste, wissend lächelnde, aber auch um die Vergeblichkeit wissende Lebensperspektive, die jedoch bei aller Distanz keineswegs jenseits von Gut und Böse ist. Immer noch prägen Leidenschaft und die Sehnsucht nach menschlicher Wärme, auch Zorn und Staunen die Sicht auf menschliches Leben und Erleben.
Die Geschichte spielt in Israel und handelt von sechs Personen - wobei der Erzähler als eigens erwähnte, eigenständige Figur ins Spiel gebracht wird - die mehr oder minder eng miteinander verbunden sind. "Meistens lebendig", wie der Autor im Hinblick auf die aus dem Totenreich zitierte Nadia, verstorbene und betrauerte Ehefrau von Albert, bemerkt. Albert nimmt innerhalb des Handlungs- und Erzählgeflechts eine zentrale Position ein, von der aus betrachtet und auf die hin agierend die anderen Lebensläufe und Handlungsstränge angeordnet und, formal spielerisch leicht, verwoben sind.
Albert, sechzigjähriger Steuerberater, verkörpert weitgehend das alter ego des Autors, der sich aber, wie schon erwähnt, expressis verbis zusätzlich auch noch als Erzähler einbringt. Er treibt in seinen Emotionen, teilweise fast hilflos, zwischen seiner gerade verstorbenen Frau Nadia, seiner gleichaltrigen Kollegin Bettine und der blutjungen Dita, Freundin seines sich in Tibet selbst suchenden Sohnes Rico. Dieser wiederum braucht die räumliche und mentale Distanz zu seinem Vater, um "sich selbst zu finden, ganz er selbst zu werden". Dies soll ihm in der monatelangen Reise durch Tibet und andere Himalajaregionen gelingen. Die umtriebige Dita vermisst Rico zwar und wartet auf seine Rückkehr, nutzt aber die Zeit, um herauszufinden, was das Leben und andere Männer noch zu bieten haben.
Fast selbstverständlich, dass die ineinanderspielenden, sich überlappenden Beziehungen für überraschende Wendungen sorgen, brisante Spannungen und anrührende Situationen schaffen. Aber auch manches Lapidare. "Und alle leben mitten unter Schatten. Der Erzähler selbst bewegt sich zwischen mutwillig und mystisch." Was dem Leser wiederum die literarische Bewegung in einem selten schönen, teilweise kostbaren Wortgebäude beschert. Und so könnte es dem Autor gelingen, vielleicht nicht unbedingt im Gedächtnis "der Menschen", aber doch im Gedächtnis vieler Leser zu bleiben, die mit diesem Buch ein außergewöhnliches, sehr subtiles Leseereignis in Erinnerung behalten werden.
Ausführliche Rezension auf Anfrage!
Als Reservist einer Panzereinheit kämpfte Oz 1967 an der Sinaifront und 1973 auf dem Golan. Gedanken von Soldaten über den Sechs Tage Krieg veröffentlichte Oz in "Der siebente Tag." Die Jahre 1969 bis 1970 verbrachte er am St. Cross College in Oxford. 1975 und 1990 lebte er als Autor an der Hebräischen Universität, 1984 bis 1985 verbrachte er im Colorado Springs College in den USA. 1986 entschloss sich er sich, mit seiner Familie den Kibbuz zu verlassen und lebt seither in Arad.
1991 wurde Amos Oz zum Vollmitglied der Akademie der Hebräischen Sprache gewählt. 1992 erhielt er vom Deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Sein Laudator war Siegfried Lenz. 1997 zeichnete ihn Präsident Jacques Chirac mit dem Französischen Kreuz der Ehrenlegion aus. >>zurück zum Anfang
|
![]() |
© Christa Tamara Kaul