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Susan Kades Frauen dürfen alles fragen Rundfunkjournalistinnen in Wirtschaft u. Politik Ulrike Helmer Verlag Königstein, 2004 ISBN: 3-98741-142-3
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Susan Kades: Frauen dürfen alles fragen
Der Journalismus, das Talk-Talent und die Karriere
Von Christa Tamara Kaul - 2004
Sie stehen zweifellos im Blickpunkt, die Frauen in den Medien, besonders im Fernsehen, und dort bevorzugt im Rampenlicht der Talkshows. Aber sie sitzen deshalb noch lange nicht an den Schalthebeln der Macht. Jedenfalls nicht in der Regel. Zu diesem hinlänglich bekannten und immer noch gültigen Fazit kommt auch Susan Kades in ihrem Buch, das auf der Basis ihrer Magisterarbeit entstanden ist. Sie hat dafür insgesamt 15 gestandene Medienschaffende - zehn Journalistinnen und fünf Journalisten - zu deren beruflicher Situation befragt und dazu einen vergleichenden Blick auf die Situation der 1960er und siebziger Jahre geworfen. Prominenteste Gesprächspartnerinnen waren Maybritt Illner, Sandra Maischberger und Ulrike Holler.
Nun wissen wir aus anderen Untersuchungen, dass Frauen in Nachrichtensendungen und Politmagazinen beim Publikum gut ankommen und dass Talk-Runden und Podien, besonders wenn sie etwas dröge Themen behandeln, durch eine "gemischte Besetzung" mit Frauen und Männern unbedingt gewinnen. So neigen beispielsweise Männer reflexhaft dazu, die Stimme ein wenig besänftigend zu senken, wenn Weiblichkeit in ihrer Nähe weilt, während Frauen umgekehrt eher bereit sind, ein Lächeln aufzustecken, wenn ein Mann sie anspricht. Das bedeutet, dass im Allgemeinen mit mehr Zuschauerinteresse, und das heißt mehr Quote, zu rechnen ist, wenn gemischte Gesprächsrunden ein Thema angehen. Es ist also bei sehr vielen Sendeformaten schon unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll, für ein mehr oder minder ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu sorgen.
Doch heißt das auch, wie FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher im vergangenen Jahr wähnte, dass "die Frauen" die "Bewusstseinsindustrie" übernommen hätten? Vielleicht fragen Moderatorinnen ja wirklich besser, schließlich können Frauen auf ein Jahrhunderte langes Training im Zuhören zurückgreifen, das sich jetzt vielleicht auszahlt. Und möglicherweise sprechen Männer mit ihnen entspannter, da sie sie nicht so ausgeprägt wie männliche Fragesteller als mögliche Konkurrenz ansehen.
Maybritt Illner allerdings hält nicht viel von dieser These. "Unabhängig davon, wen ich privat mitunter interessanter finde, gibt es keinen typisch weiblichen oder typisch männlichen Journalismus, es gibt guten und schlechten. Man hat entweder die Fähigkeit, Geschichten erzählen zu können oder ein Gespräch zu leiten, oder man hat sie nicht. Das ist vom Geschlecht absolut unabhängig."
Dem ist wohl nichts entgegen zu setzen. Allerdings: Da "der Journalismus", ähnlich wie "die Wahrheit" und andere hehre Güter, niemandem als homogenes Ganzes zugänglich ist, sondern sich aus vielen einzelnen Facetten und Aspekten zusammensetzt, zu denen alle Medienschaffenden beitragen, hat der zunehmende Beitrag weiblicher Fragestellungen, Sichtweisen und Denkanstöße ganz sicher seine Wirkung im Hinblick auf eine vielschichtigere und geschlechtergerechtere Berichterstattung und Programmgestaltung.
Und zweifellos lässt sich feststellen, dass sich im Journalismus seit den 1960er Jahren durch den erhöhten Frauenanteil im Medienbetrieb einiges verändert hat. So wie in der Gesellschaft insgesamt ein Umdenken stattgefunden hat und Frauen nicht mehr als hauptsächlich für "Heim und Herd geschaffen" angesehen werden, so sind inzwischen Frauen auch in den Medien anteilmäßig deutlich besser vertreten als früher. Bei den Volontariaten der Rundfunkanstalten beispielsweise liegt heute der Frauenanteil bei rund 65 Prozent. Allerdings, und auch hier die Parallele zu anderen hochqualifizierten Berufen, je höher es in der Hierarchie geht, um so weniger Frauen sind anzutreffen. Unter den deutschen Intendanten findet sich gerade mal eine einzige Frau.
Dennoch: Die Autorin sieht, gestützt auf die Frauenmedienforschung, wirkliche Chancengleichheit langsam weiter wachsen. Zum einen, weil viele der Befragten glauben, dass Frauen zukünftig vermehrt auf Kinder verzichten werden (Möchten wir das wirklich?), zum anderen, weil der gesellschaftliche Wandel in diese Richtung weiter läuft und Frauen zunehmend "männliche Signale" aussenden. Das Buch bietet eine ganze Reihe aktueller Zahlen, interessante Blickwinkel und Meinungen sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis.
Autorenportrait: Susan Kades, Jahrgang 1976, studierte Publizistikwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Praktische Erfahrungen und eigene Einblicke ins Mediengeschäft sammelte sie durch verschiedene Hospitationen und Praktika bei PR- und Werbeagenturen, Radio- und Fernsehsendern sowie bei Verlagen. Beim Hessischen Rundfunk absolvierte sie nach ihrem Studium ein Volontariat.
Susan Kades: Frauen dürfen alles fragen Rundfunkjournalistinnen in Wirtschaft und Politik Ulrike Helmer Verlag, Königstein 2004 ISBN: 3-98741-142-3
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© Christa Tamara Kaul