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Global Media Monitoring Project - Frauen in den Medien
Ziel in Sicht, aber noch nicht erreicht
Von Christa Tamara Kaul - Erschienen am 15.02.2005 bei Telepolis >>>
Frauen spielen viele Rollen, große und kleine, gute und schlechte. Aber welche spielen sie in den Medien? Bekanntlich kommt den Medien, insbesondere den Massenmedien, heute eine größere Bedeutung denn je zu. Sie sind sowohl Teil als auch Spiegelbild der Gesellschaft, sind Ausdruck gesellschaftlichen Wandels und Antwort auf neu entstandene Kommunikationsbedürfnisse, und beide Funktionen beeinflussen sich gegenseitig.
Das heißt auch, nahezu nichts,
was Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse nehmen will, geht ohne die
Medien. Zu den Ausschlag gebenden Kriterien zählt dabei der Faktor
„öffentliche Aufmerksamkeit“, denn er hat, so wird ihm nachgesagt, in
unserer so genannten Wissensgesellschaft etwa die Stellung eingenommen,
die in der Industriegesellschaft die Rohstoffe inne hatten. Über einen
ideellen, politischen und erst recht über einen kommerziellen Erfolg
bestimmt also ganz entscheidend die öffentliche Wahrnehmung.
Allein
schon
aufgrund
dieser
Tatsache
kann
es
Frauen
also
kaum
gleichgültig
sein,
wie
sie
in
den
Medien
präsent
sind.
Und
das
im
doppelten
Sinn:
zum
einen
hinsichtlich
der
passiven
Präsenz,
also
wo,
wann
und
wie
häufig
sie
in
den
Medien
erwähnt,
gezeigt
oder
dargestellt
werden,
zum
anderen
hinsichtlich
der
aktiven
Präsenz,
also
bei
den
Positionen,
die
sie
im
Medienbetrieb
einnehmen.
Bei
der
passiven
Präsenz
geht
es
um
zwei
Aspekte:
1.
die
Erwähnung
in
der
aktuellen
Berichterstattung,
vor
allem
in
Nachrichten,
Reportagen
und
Dokumentationen
und
2.
das
Frauenbild,
das
in
fiktiven
Sendeformaten
(Film,
Fernsehspiel,
Serien,
Werbung
usw.)
vermittelt
wird.
Frauen
in
Nachrichten
und
Berichten
-
die
reale
Berichterstattung
Für
den
Bereich
der
realen
Berichterstattung
gibt
es
international
seit
1995
recht
verlässliche
Zahlen.
Dies
ist
dem
"Global
Media
Monitoring
Project"
(GMMP)
zu
verdanken,
einer
weltweiten
Untersuchung
über
die
Frauenpräsenz
in
den
Nachrichten
von
Zeitungen,
Hörfunk
und
Fernsehen.
Die
erste
Untersuchung
dieser
Art,
an
der
sich
52
Länder
beteiligten,
wurde
1995
von
der
kanadischen
Organisation
"Media
Watch"
aus
Toronto
durchgeführt.
Im
Jahr
2000
organisierte
die
Londoner
"World
Association
for
Christian
Communication"
(WACC)
in
Zusammenarbeit
mit
der
kanadischen
"Erin
Research"
das
Projekt,
bei
dem
nun
bereits
70
Länder
mitmachten.
Insgesamt
wurden
damals
50.853
Daten
gesammelt.
Die
weltweite
Datenerhebung
des
aktuellen
GMMP
2005
hat
Anfang
dieses
Jahres
begonnen
und
soll
im
fünfjährigem
Rhythmus
fortgeführt
werden.
In Deutschland wird die Aktion vom Journalistinnenbund unter der Ägide von Geschäftsführerin Marlies Hesse durchgeführt und koordiniert, wissenschaftlich begleitet von Jutta Röser, Professorin für Kommunikationswissenschaft an der Universität Lüneburg. Der Stichtag der deutschen Untersuchung ist der 16. Februar 2005. Erste Erkenntnisse über den Trendverlauf sind Anfang März, die exakten Ergebnisse für Deutschland im April zu erwarten. Der weltweite GMMP-Bericht dürfte aber nicht vor Herbst vorliegen.
Was wird untersucht? An einem Stichtag jeweils im Februar wurden bzw. werden Zeitungen, Radio- und Fernsehnachrichten im Hinblick auf die Nennung und Darstellung von Frauen und Männern beobachtet und damit auf die quantitative und qualitative Frauenpräsenz in der Berichterstattung überprüft. In Deutschland, das mit den im Jahr 2000 insgesamt 3.146 gesammelten Daten den größten Beitrag lieferte, wurden 12 Zeitungen und mehr als vier Stunden Hörfunk und Fernsehnachrichten von ARD, ZDF und kommerziellen Sendern ausgewertet. Dieses Auswertungsschema gilt weiterhin.
Die
Auswertung
der
letzten
weltweiten
Erhebung
(2000)
zeigte,
dass
Frauen
nur
zu
9
Prozent
im
Zentrum
einer
Nachricht
standen,
etwa
als
Politikerin
oder
Expertin,
in
Deutschland
sogar
nur
zu
6
Prozent. Frauen nur zu 19 Prozent Nachrichtengegenstand waren gegenüber 81 Prozent bei den Männern, in Deutschland betrug das Verhältnis sogar nur 12 Prozent zu 88 Prozent bei Frauen mit 21 Prozent der Familienstatus wesentlich häufiger genannt wurde als bei Männern mit 5 Prozent. Frauen weltweit mit 21 Prozent am häufigsten in der Opferrolle präsentiert wurden, in Deutschland dagegen nur in 11Prozent.
Ein
typisches
Beispiel
für
diese
Opferrollenzuweisung
war
der
Bericht
über
eine
Erdbebenkatastrophe.
Während
in
dem
Beitrag
Frauen
lediglich
trauernd
und
von
Männern
gestützt
zu
sehen
waren,
wurden
Männer
als
Retter
und
Experten
gefilmt.
Diese
Rollenzuweisung
ist
weltweit
tief
verankert,
jedoch
eben
keineswegs
durchgängig
gerechtfertigt.
Auch
dann
nicht,
wenn,
wie
in
dem
erwähnten
Bericht,
es
sich
um
ein
Erdbeben
in
einem
vorderasiatischen
Land
handelte.
Ein
Jahr
nach
dem
GMMP
2000,
also
im
Februar
2001,
organisierte
der
Journalistinnenbund
für
Deutschland
eine
Folgeerhebung
bei
den
Nachrichten
von
Printmedien,
um
zu
prüfen,
ob
sich
auf
diesem
Gebiet
etwas
verändert
habe.
Zur
freudigen
Überraschung
der
Beobachterinnen
hatte
die
Erwähnung
von
Frauen
in
den
Nachrichten
tatsächlich
eine
Steigerung
von
12
auf
18
Prozent
erfahren.
Allerdings
war
das
wohl
ausschließlich
der
Ernennung
von
zwei
neuen
Ministerinnen
der
Bundesregierung
in
diesem
Zeitraum
geschuldet.
Danach
blieb
bis
einschließlich
2004
bei
den
jährlich
wiederholten
Kontrollerhebungen
des
Journalistinnenbundes
alles
beim
Alten.
Der
Frauenanteil
lag
weiterhin
bei
knapp
unter
20
Prozent.
Das
Frauenbild
in
Talkshows
und
fiktiven
Sendeformaten
Bei
diesen
Sendeformaten
gibt
es
bislang
keine
dem
GMMP
vergleichbaren
umfassenden
Untersuchungen
bzw.
Datenerhebungen
und
damit
keine
wirklich
harten
Zahlen.
Doch
auch
wenn
die
vorhandenen
themenrelevanten
Studien
und
Berichte
nicht
landesweit
repräsentativ
sind,
so
vermitteln
sie
dennoch
signifikante
Trends
bzw.
Schlaglichter.
Eine
Studie
der
Universität
Mainz
beispielsweise,
die
Anfang
2004
abgeschlossen
wurde,
zeigte,
dass
ein
direkter
Zusammenhang
zwischen
dem
in
den
Medien,
vor
allem
dem
im
Fernsehen
vorrangig
präsentierten
Frauenbild,
nämlich
dem
superschlanken,
jungen
und
schönen
Frauentypus,
und
der
Verbreitung
von
Essstörungen
wie
Bulimie
und
Magersucht
besteht.
Danach
wirken
sich
die
im
Fernsehen,
vor
allem
in
Serien
vermittelten
Schönheitsideale
verheerend
auf
viele
Mädchen
und
junge
Frauen
aus.
Sie
werden
von
schweren
Zweifeln
am
eigenen
Aussehen
und
Selbstwert
geplagt
und
erhöhen
ihre
Ansprüche
an
das
eigene
Äußere
in
einer
krank
machenden
Spirale.
Ähnliche
Beobachtungen
schilderte
Karl-Heinz
Ruckgaber,
der
die
psychosomatische
Jugendstation
an
der
Filderklinik
in
Filderstadt-Bonlanden
leitet
und
ständig
mit
gestörten
Jugendlichen
und
jungen
Erwachsenen
konfrontiert
ist.
"Für
die
jungen
Leute
gibt
es
mittlerweile
einen
unglaublich
hohen
sozialen
Druck
-
die
richtige
Kleidung,
das
richtige
Aussehen,
die
richtige
Clique,
das
garantiert
Liebe
und
Zuwendung
-
das
propagieren
die
Medien."
Besonders
das
Thema
Beziehungen,
so
Ruckgaber
sei
jungen
Leuten
wichtig.
Und
genau
hier
vermitteln
Fernsehserien
und
Daily
Soaps
ein
Schönheitsideal,
das
viele
junge
Mädchen
krank
macht.
Medienforscher
Jo
Groebel,
ehemals
Leiter
des
Europäischen
Medieninstitutes
in
Düsseldorf,
sieht
in
der
Auswahl
"falscher
Vorbilder"
allerdings
nicht
in
erster
Linie
ein
Versagen
der
Medien,
sondern
mehr
das
der
Gesellschaft,
die
täglich
demonstriere,
dass
es
nur
ein
einziges
Kriterium
des
persönlichen
Wertes
gebe:
die
ökonomische
Potenz.
Und
die
werde
auch
mit
gutem
Aussehen
verknüpft.
Dieser
Trend
werde
sich
noch
forcieren,
glaubt Groebel,
"denn
der
Markt
nimmt
und
potenziert
das,
was
sich
als
erfolgreich
erwiesen
hat."
So
erfolgreich,
dass
63
Prozent
der
13-
bis
14-jährigen
Mädchen
laut
einer
anderen
Umfrage
nichts
sehnlicher
wünschen,
als
besser
auszusehen.
Frauenanteil
in
Medienberufen
(hier
speziell
bei
Rundfunk
und
Fernsehen):
Bezüglich
der
Berufstätigkeit
von
Frauen
in
den
Medien
liegen,
wie
für
den
gesamten
Journalismusbereich,
ebenfalls
nur
begrenzt
gesicherte
Daten
vor.
Es
lassen
sich
vor
allem
deshalb
keine
exakten
Angaben
machen,
weil
die
Berufsbezeichnung
Journalist
und
Journalistin
sowie
das
gesamte
Berufsfeld
nicht
fest
umrissen
sind.
Besonders
die
Freiberufler
bewegen
sich
oft
in
Randgebieten
und
auf
unterschiedlichen
Berufsfeldern
gleichzeitig.
Hier
bestehen
große
Lücken
in
der
Kommunikationsforschung.
Doch
geht
man
allgemein
davon
aus,
das
es
derzeit
rund
61.000
Medienschaffende
in
Deutschland
gibt,
von
denen
etwa
40
Prozent
Frauen
sind.
Das
entspricht
ungefähr
dem
internationalen
Durchschnitt.
Die
Verteilung
in
den
verschiedenen
Mediensektoren
und
in
den
unterschiedlichen
Altersklassen
differiert
allerdings
erkennbar.
Am
stärksten
vertreten
sind
Frauen
mittlerweile
im
Fernsehen,
gefolgt
vom
Hörfunk,
in
den
Rundfunkanstalten
liegt
der
Frauenanteil
bei
den
Volontariaten
bei
etwa
65
Prozent.
Die
Printmedien
folgen
in
dieser
Beziehung
erst
an
dritter
Stelle.
Allerdings
hat
sich
In
den
vergangenen
30
bis
40
Jahren
einiges
getan.
Die
veränderte
Berufssituation
zeigt
sich
sowohl
beim
generellen
Frauenanteil
in
den
Medienberufen
als
auch
bei
den
Positionen,
die
Frauen
einnehmen.
In
den
1960er
und
1970er
Jahren
waren
Frauen
im
Journalismus
noch
deutlich
in
der
Minderheit,
in
leitenden
Positionen
waren
sie
so
gut
wie
gar
nicht
zu
finden.
Ein
legendäres
Zitat
der
ehemaligen
Brigitte-Autorin
Hannelore Krollpfeiler
macht
immer
wieder
die
Runde.
Auf
ihre
Ende
der
1960er
Jahre
mehrfach
öffentlich
geäußerte
Frage,
warum
die
Chefredaktionen
von
Frauenzeitschriften
von
Männern
besetzt
sind,
erhielt
sie
Antworten
wie
diese:
"Der
Chef
von
"Unser
Tier"
(Tierzeitschrift)
ist
auch
kein
Dackel.
Warum
sollte
also
ein
Frauenmagazin
von
einer
Frau
geleitet
werden?"
Das
sieht
inzwischen
etwas
anders
aus.
In
der
Altersgruppe
zwischen
20
und
34
Jahren
dominieren
die
Frauen
mittlerweile.
Etwa
ausgeglichen
ist
das
Geschlechterverhältnis
in
der
Gruppe
der
35-
bis
40jährigen.
Ab
der
Altersgruppe
50
Jahre
und
älter
sind
eindeutig
mehr
Männer
in
den
Redaktionen
anzutreffen.
Hinsichtlich
der
Führungspositionen
ist
zwar
auch
ein
Wandel
eingetreten,
dennoch
sinkt
hier,
wie
in
anderen
Branchen
auch,
der
Frauenanteil
gegenüber
den
unteren
Dienstgraden
rapide
ab.
Auch
wenn
Frauen
zunehmend
in
leitende
Funktionen,
besonders
beim
Hörfunk,
aufrücken,
so
dominieren
in
den
Spitzenpositionen
aber
immer
noch
die
Männer.
Als
Dagmar
Reim
am
24.
März
2003
zur
ersten
und
bisher
einzigen
Intendantin
einer
ARD-Anstalt
(Radio
Berlin-Brandenburg)
gewählt
wurde,
kam
das
immer
noch
einer
kleinen
Sensation
gleich.
Dies
hat
auch
oder
sogar
vor
allem
etwas
mit
der
Vereinbarkeit
von
Familie
und
Beruf
zu
tun.
"Das
Problem",
so
die
Moderatorin
Gabi
Bauer
im
Jahr
2000,
"sind
die
Machtstrukturen,
die
nach
männlichen
Vorstellungen
strukturiert
sind:
Hierarchien,
Arbeitszeiten,
Arbeitsrhythmen."
Und
die
Journalistin
Beatrix
Geisel
äußerte
schon
1989:
"Es
geht
nicht
darum,
Frauen
in
führende
Positionen
zu
hieven,
es
geht
nicht
nur
darum,
das
von
den
Medien
vermittelte
Frauenbild
zu
verändern,
sondern
es
geht
darum,
die
Arbeitsbedingungen
von
Journalistinnen
so
zu
verändern,
dass
dieser
Beruf
nicht
nur
für
Männer
mit
Familie
und
Kindern
zu
vereinbaren
ist."
Eine
allgemein
gültige
Aussage,
die
nicht
nur
für
den
Medienbetrieb
relevant
ist.
Ziel
in
Sicht,
aber
noch
nicht
erreicht Das Problem ist also grundsätzlich erkannt, und innerhalb der letzten 30 Jahre sind zweifelsohne Fortschritte erzielt worden. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe viel versprechender Ansätze, die ein weitere Entwicklung voranbringen wollen und können. Dazu zählen Aktionen wie beispielsweise der vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit in Kooperation mit mehreren Organisationen verliehene FrauenMedienPreis oder der jährlich ausgelobte Medienpreis der Zeitschrift "Emma". Damit werden Medien-Produktionen ausgezeichnet, die ein differenziertes Frauenbild zeigen und deren Ziel es ist, eine realitätsnahe und komplexe Lebenswelt heutiger Frauen sichtbar zu machen.
Interessant,
weil
besonders
wirksam,
werden
entsprechende
Bemühungen,
wenn
sie
auf
europäischer
Ebene
stattfinden.
Die
zuständige
EU-Kommissarin
hatte
hier
einige
Signale
gesetzt,
wurde
allerdings
bis
jetzt
ausgebremst.
Dennoch spricht das bereits Erreichte dafür, dass sich die Situation der Medien-Frauen langsam einer wirklichen Gleichstellung nähert. Davon sind auch die von Susan Kades anlässlich ihrer Magisterarbeit befragten Männer überzeugt. Susan Kades hat ihre Untersuchung in dem Buch "Frauen dürfen alles fragen - Rundfunk-Journalistinnen in Wirtschaft und Politik" 2004 im Helmer-Verlag, München, veröffentlicht. Ob allerdings der Preis für die sich abzeichnende Entwicklung, dass nämlich gut ausgebildete Frauen zukünftig immer mehr auf Kinder zugunsten ihrer Karriere verzichten werden, tatsächlich sinnvoll, angemessen und vor allem unvermeidlich ist, bleibt abzuwarten.
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© Christa Tamara Kaul